WARUM SELBSTERKENNTNIS UND ACHTSAMKEIT DER SCHLÜSSEL ZU MEHR FRIEDEN UND EINER BESSEREN WELT SIND.
31. Mai 2022
Lange Zeit wurde uns eingeredet, dass wir nicht selbstbezogen sein sollen. Das bedeutet vor allem, dass man sich nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigen und sein Leben anderen Menschen oder bestimmten Projekten widmen soll. Wenn wir jedoch eine bessere Welt haben möchten, brauchen wir mehr Menschen, die Verantwortung für sich selbst und andere übernehmen können, die wach und klar sind, weil sie sich selbst und ihre Umgebung wahrnehmen können und dadurch wissen, was gerade gebraucht wird. Denn jemand, der nicht in der Lage ist, sich selbst zu verstehen, zu reflektieren und zu erkennen, aus welcher Brille er das Leben und seine Mitmenschen wahrnimmt, wird zwangsläufig seine Probleme auf andere Menschen projizieren und die Schuld in äußeren Situationen und andere Menschen suchen.
Doch damit beginnt ein Leidenskreislauf: Beziehungskonflikte sind vorprogrammiert.
Wie wichtig jedoch Beziehungen zu anderen Menschen sind, zeigte ein grausames Experiment, das u.a. Friedrich II. an Kindern durchführte. Er veranlasste die Ammen, die sich um Waisenkinder kümmerten, nicht mit ihnen zu sprechen und auch sonst keine Interaktion mit ihnen zu pflegen oder ihnen Zuneigung zu schenken. Mit diesem Experiment wollte er die Ursprache des Menschen entdecken, indem er die Kinder isolierte. Was er nicht ahnte: Diese Kinder starben. Dies zeigt deutlich, welchen Stellenwert Beziehungen in unserem Leben einnehmen: Sie sind nicht nur wichtig, sondern überlebenswichtig. In diesem Artikel gehe ich näher auf den Effekt von Gemeinschaft ein.
Nicht selten erweisen sich allerdings unsere Beziehungen als Problem, sie sind konfliktbehaftet oder sogar traumatisch. Das, was in uns ein Gefühl von Sicherheit, Unterstützung, Geborgenheit und tiefer Liebe auslösen sollte, ist bei viele Menschen phasenweise oder sogar lebenslang der Grund für psychische oder psychosomatische Probleme. Die negative Dynamik unserer Beziehungen sind oft der Hauptauslöser für starken Stress, Ängste und Depression. Doch wie können wir uns dieser Problematik nähern?
Auch hier gilt wie immer:
Wer seine Probleme nicht im Inneren löst, der löst sie auch nicht im Außen.
Die wichtigste Erkenntnis, die wir dazu gewinnen können ist, dass auch hier wieder ein wichtiges Lebensgesetz wirkt: „Wie oben, so unten“, wie innen, so aussen“. Wir müssen also die Ursache der Dynamik erkennen, verstehen und auflösen, damit wir uns von den Symptomen befreien können.
Und auch hierfür braucht es den Weg nach Innen, zu unseren Mustern und Konditionierungen. Wir sind es nach wie vor gewohnt, Probleme durch äußere Interventionen zu lösen. Die meisten Menschen reagieren mit Rückzug oder Konfrontation, wenn sie ein Problem mit jemandem haben. Das kann in bestimmten Situationen auch sinnvoll sein, vor allem wenn es sich um einmalige Missverständnisse handelt, die häufig im Zwischenmenschlichen vorkommen. Wenn es sich allerdings um wiederkehrende Themen handelt ( zum Beispiel, wenn jemand die Neigung hat schnell gekränkt oder sich ausgegrenzt zu fühlen), lösen wir das Problem nicht in der Tiefe.
Immer wenn es sich um sogenannte wiederkehrende Probleme handelt, können wir von Mustern sprechen. Das Erkennen meiner Muster erreiche ich jedoch nur durch Achtsamkeit und Selbsterkenntnis. Wenn ich zu meinen Mustern vordringen will, komme ich nicht drum herum mich mit meinem „inneren Kind“ zu beschäftigen. Die Arbeit mit dem inneren Kind ist in den letzten Jahren zu einem populären Begriff geworden, doch was meint er genau?
Das innere Kind steht für alle Prägungen, die wir in unserer Kindheit und pränatalen Phase erworben haben. In dieser Phase ist das menschliche Gehirn noch im Aufbau und Wachstum und somit nicht in der Lage zu unterscheiden und zu differenzieren, weswegen es ungefiltert alles als wahr einstuft und leicht zu konditionieren ist. Neben genetischen Komponenten ist es daher wesentlich, sich mit diesen Prägungen zu beschäftigen, denn sie sind größtenteils die Blaupause für unsere späteren zwischenmenschlichen Beziehungen. Nicht erkannte und geheilte Verletzungen des inneren Kindes führen zu Süchten, Erfolgsblockaden, negativen Projektionen und Beziehungsproblemen.
Die Art und Weise, wie wir behandelt wurden, welchen Stellenwert wir im Leben unserer Eltern oder Bezugspersonen hatten und der Grad der Liebe und Zuneigung, die wir erhalten haben, bestimmen über die Wahrnehmung unserer Mitmenschen und somit auch über unsere Beziehungsqualität, was wiederum unsere Lebensqualität bestimmt.
Die Glaubenssätze und Überzeugungen, die wir in der entscheidenden Phase unseres Lebens erworben und übernommen haben, entscheiden darüber, wie wir uns selbst, unsere Mitmenschen und das Leben wahrnehmen. Auch werden über diese Muster neuronale Vernetzungen in unserem Gehirn gebildet, die dazu führen, dass wir in Wiederholungen denken, fühlen und uns somit ähnlich in unterschiedlichen Situationen verhalten. Bestimmte negative Überzeugungen (die Klassiker: „Ich genüge nicht, ich schaffe das nicht, ich bin nicht liebenswert, das Leben ist ungerecht“) führen zu negativen Projektionen und somit auch zu immer wiederkehrenden Problemen und gleichen Bewältigungsstrategien, wie Rückzug, Vermeidung, aggressive Attacke oder übermäßige Anpassung.
Kommen wir zurück zur Selbsterkenntnis: Es ist nicht nur wichtig, sondern essentiell, sich mit seinen Mustern, Prägungen, Bewältigungsstrategien und somit auch neuronalen Vernetzungen zu beschäftigen, um sie zu erkennen. Denn nur, was ich erkannt und ins Bewusstsein geholt habe, kann ich verstehen, neu interpretieren und aktiv verändern. Andernfalls bleiben wir in diesen Mustern verhaftet und kommen immer wieder zu den gleichen Ergebnissen.
Im nächsten Schritt geht es nun darum, diese Automatismen, die sich vor langer Zeit in unser Leben eingeschlichen haben, immer wieder zu erkennen. Hier hilft uns Achtsamkeit und die Fähigkeit den inneren Beobachter einzuschalten. Je bewusster ich mir meiner inneren Programme bin, also meine Gedanken erkenne und die dazu ausgelösten Gefühle wahrnehme, desto schneller kann ich eingreifen und sie regulieren.
Selbsterkenntnis und Achtsamkeit, sind aus diesem Grund keine spirituellen Modeworte oder dienen nur spirituell interessierten Menschen auf ihrem Weg zur Erleuchtung, sondern sie sind wesentlicher Bestandteil dafür, nicht nur ein besserer Mensch zu sein, sondern die Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem ich Projektionen erkenne und hinterfrage, Verantwortung für meine Gefühle übernehme und mich an höheren Werten ausrichte. Nur so kann ich mich in Beziehungen anderen gegenüber fair und reflektiert verhalten.
Somit macht das nicht nur viele Kriege und nationale Krisen unnötig, sondern auch Familiendramen, Rosenkriege in Beziehungen und schmerzhafte Trennungen in Beziehungen und Freundschaften werden überflüssig oder zumindest stark reduziert.
In den seltensten Fällen schaffen wir es Krieg und Streit durch äußere Interventionen zu stoppen, denn es wird zwangsläufig zum Gegenschlag kommen, ob aktiv oder passiv. Wir schaffen das vor allem durch Erkenntnisse über uns selbst und die Bereitschaft "nach Innen" zu gehen.
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